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  Projekt
"Life Extreme"

Installation am U-Bahnhof Alexanderplatz, Berlin, 12.07.2007 - 31.10.2007
Realisiert durch die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst NGBK Berlin

         
         

Concept
Ist das Werbung? - Auf den Hintergleisflächen der U-Bahnhaltestelle Alexanderplatz U2 sind 32 rätselhafte großformatige Bilder der Perfomancekünstlerin Nezaket Ekici zu sehen. Zunächst fallen die extremen Situationen auf, in denen sich die Künstlerin befindet und die für den Titel der Ausstellung "Life Extreme" verantwortlich sind. Einmal hängt sie an ihren Haaren. Ein andermal kämpft sie mit Ballons. Und dann wieder schlägt sie sich aus einem Gipssarkophag heraus. Dem U-Bahn-Nutzer wird in der Zeit bis zur nächsten Bahn vielleicht klar, dass die Motive auf den Plakatwänden keine Werbung sind. Was es aber mit diesen Bildern auf sich hat, wer die Künstlerin und was Performance ist, bleibt den meisten verborgen. Performancekunst richtet sich gegen die Vorstellung von Kunst als Artefakt. Die etablierte Trennung von Kunstwerk und Künstler wird aufgehoben und zu einer neuen Einheit als Gesamtkunstwerk verschmolzen. Performance bearbeitet die Situation, das Vergängliche und das eigene ´Erleben´, und macht damit den eigentlichen Lebensimpuls sichtbar, der heute immer mehr in den Hintergrund zu rücken droht. Die Performance ist eine künstlerische Ausdrucksform, die unsere Lebenswelt in ihrer zunehmenden Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit erfassen kann. Will man diesen Zusammenhang näher verstehen, so lohnt sich ein Blick zurück auf die Wirkungsgeschichte der Industrialisierung, die im Effekt eine Geschichte der Beschleunigung unserer Lebenswelt ist. Alles konzentriert sich immer stärker auf die Einsparung von Zeit. Der moderne Mensch richtet sein Denken danach aus und befindet sich stets im Zug auf einer Strecke von A nach B. Und kein anderes Transportmittel verkörpert die Beschleunigung unserer Lebenswelt besser als die U-Bahn. Die Videostills der Performances von Nezaket Ekici stehen dabei in einem fruchtbaren Widerspruch zur U-Bahn als Ort, an dem die Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit des typischen U-Bahn-Menschen auf die tiefgründigen und intensiven Erlebniswelten ihrer Arbeiten trifft. Aber es gibt auch eine Gemeinsamkeit: Als Verkehrsknotenpunkt ist die U-Bahn ein momenthafter Durchflusspunkt im Herzen der Stadt. Ebenso ist die Performance momenthaft - eine Kunst für den Augenblick. Trotz der Einbettung in die schnelllebige U-Bahn-Atmosphäre schaffen es die Stills von Nezaket Ekici, den Betrachter zu irritieren und damit in einen innerpsychischen Veränderungsprozess einzubinden. Ihre Performance-Bilder können insofern als Versuch gelten, eine emotionale Qualität in unsere Erlebniswelt zurück zu bringen. Die Originalität und intrinsische Bewegtheit der gewählten Szenen wird dabei durch die suggestive Kraft unterstützt, die von der Künstlerin ausgeht. Dies liegt wohl auch darin begründet, das Ekici stets an die eigenen physischen und geistigen Grenzen geht und damit etwas Festgeglaubtes in uns ins Wanken bringt. Die Bilder ihrer Ausstellung im Bahnhof U2 Alexanderplatz bergen eine beunruhigende Intensität und dennoch vermögen sie es, eine Art Seelenruhe zu erzeugen.

Equipment
32 Bilder, 4x3 m, Vorlage Videostills

Dauer
4 Monate

Vorlage
Text: Andreas Dammertz
Fotos: Stefan Erhard