HANDLUNG und RELIKT Intervention, Performance / Relikt, Galerie Luciano Fasciati, Chur Schweiz, 3.11. - 1.12.2007

Die Künstlerin lüftet ein Geheimnis. Ihre persönliche Lebensgeschichte wird offenbar, indem die unsichtbare Schrift, die von ihr mit Vaseline an der Wand geschrieben wurde, durch Überschütten mit Kaffee lesbar wird. Sie bezieht sich dabei auf die Brautschau in der türkischen Gesellschaft, die stets mit einer Kaffee-Zeremonie einhergeht: Wer gut Kaffee kochen und gut servieren kann, ist auch heiratswürdig. Die Künstlerin schreibt unsichtbar mit Vaseline auf, was sie gedacht hat, als Sie Teil der Kaffee-Zeremonie war. Sie spricht im Namen aller türkischen Mädchen, die davon betroffen sind. Die Unsichtbarkeit des Textes entspricht dem Geheimnis und dem Tabu, das stets eine soziale Funktion erfüllt. Im Wesentlichen stützen Geheimnisse die vorhandene soziale Balance. Tabu´s verweisen aber immer auch auf eine Asymetrie, die im sozialen Umfeld Machtverhältnisse ausdrücken. Was nicht ausgesprochen werden darf, entzieht sich der Einflußnahme und der Veränderung. Im konkreten Sinne wird mit dem Tabu die Möglichkeit entzogen, „NEIN“ zu sagen. Die Künstlerin arbeitet mit dieser Geheimnisfunktion, indem sie Schrift von einem unsichtbaren Zustand in einen sichtbaren Zustand überführt. Schrift ist wie kaum eine andere menschliche Leistung Ausdruck menschlicher Schaffenskraft und Kultur. Die Schrift wird hier als Kulturinstrument genutzt, um ein Geheimniss aufzudecken und die Künstlerin in ihrer Sozialrolle als Frau zu beschreiben. Das Enthüllen eines Geheimnisses stellt im aufgezeigten Zusammenhang einen Tabubruch dar und ist eine Form der kulturellen Befreiung aus der angestammten Rolle.

10 Packungen Kaffee, Kaffemaschine, Wasser, 5 Packungen Vasiline, Möbiliar

6 Stunden

Video;
Fotos und Kamera von Luciano und Marlen Fasciati